Obwohl der März in der Region einen veritablen Kaltstart mit noch zahlreichen Frosttagen vorlegte - die erste Monatshälfte fiel gegenüber dem langjährigen Durchschnitt
um rund 4 Grad zu kalt aus - kehrte ab der Monatsmitte machtvoll der Frühling ein. Er glich das Wärmedefizit im Marburger Land bereits kurz nach dem kalendarischen
Frühlingsanfang am 20. März aus und weil die von Spanien heranwehende Frühlingsluft auch in den letzten Monatstagen nicht mehr weichen wollte, endete der Lenzmonat
letztlich sogar mit einer leicht überdurchschnittlichen Temperaturbilanz von fast einem Grad über dem langjährigen Klimamittel.
Gleichzeitig blieb es bis zum Ende der zweiten Monatsdekade sehr trocken. Erst im letzten Monatsdrittel gab es in der feuchtwarmen Frühlingsluft öfter auch Regen und
Schauer, so dass immerhin noch rund 80 Prozent der Klimasolls zusammen kamen. Die Sonne zeigte sich dagegen etwa 30 Prozent häufiger, als sie es im Durchschnitt der Jahre
zu tun pflegt. Im Monatsdurchschnitt präsentierte sich der Lenzmonat damit im Marburger Land nur wenig trockener und wärmer als im vieljährigen Mittel, mauserte sich
dabei jedoch zu einem ausgesprochen sonnigen Frühlingsmonat.
Gerade die annähernd ausgeglichene Temperaturbilanz ist dabei ein treffliches Beispiel für den Unterschied zwischen Wetter, Witterung und Klima. Während nämlich der
tägliche Temperaturverlauf des heurigen Märzmonats große Gegensätze offenbart, lässt sich bei Betrachtung der Witterung und damit der Summe aller Tagestemperaturen keine
gravierende Abweichung zum Klimasoll mehr erkennen. Sowohl die kälteste Nacht mit knapp minus 10 Grad in den Frühstunden des 8. März als auch der wärmste Tag mit fast
plus 21 Grad am 25. März gehen bei der Berechnung der Durchschnittswerte unter und die so gebildete Witterungsbilanz liegt letztlich vollauf im Bereich der normalen
Schwankungsbreite.
Ganz ähnlich verhält es sich auch mit den Berechnungen von Klimawerten. Dabei wird nicht mehr das Wetter der einzelnen Tage, sondern das bereits gemittelte Durchschnittswetter
ganzer Monate - also deren Witterung - über viele Jahre hinweg summiert und daraus der Klimadurchschnitt errechnet. In der Klimatologie werden hierbei gebräuchlicherweise
stets die Witterungsabläufe aus 30 Jahren zugrunde gelegt. Wenn also eine Aussage wie z.B. "Der vergangene Winter war zu kalt" getroffen wird, dann bedeutet dies, dass er
kälter war, als die Wintertemperaturen im Durchschnitt des 30-jährigen Vergleichszeitraums von - derzeit - 1961 bis 1990.
Aber ebenso wie kalte und warme Tage gibt es auch kalte und warme Witterungszeiträume und - auf Jahrzehnte, Jahrhunderte oder gar Jahrtausende bezogen - auch kalte und
warme Klimaabschnitte. Bei noch größeren Zeiträumen, wie etwa Hunderttausenden von Jahren werden immer größere, übergeordnete Klimazyklen, von kurzen Warmzeiten unterbrochene
Kaltzeiten, die so genannten Eiszeiten sichtbar. Ganze Klimaepochen offenbaren sich jedoch erst beim Blick um viele Jahrmillionen zurück in die Klimageschichte der Erde:
Sie ist geprägt vom steten Wechsel zwischen warmen, eisfreien und kalten, den so genannten Eiszeitaltern.
Aktuell leben wir in einem vor 30 Millionen Jahren begonnenen Eiszeitalter, genauer gesagt: In einer kleinen Zwischenwarmzeit inmitten jenes durch mehrere Kaltphasen
geprägten Eiszeitalters, dessen letzter Gletschervorstoß vor 20.000 Jahren seinen Höhepunkt fand. Damals lag die Mitteltemperatur weltweit um etwa 6 Grad unter den heutigen
Werten und der Meeresspiegel lag wegen der weite Teile der Kontinente bedeckenden Eismassen um etwa 120 Meter unter seinem heutigen Stand.
Vor diesem Hintergrund relativiert sich der Blick auf den zweifellos auch in unseren Tagen stattfindenen, natürlichen Wandel des Erdklimas. Allein an der Frage, in welchem
Umfang der Mensch bereits Einfluss auf das Klimasystem unseres Planeten genommen hat und dies voraussichtlich auch in Zukunft noch tun wird, scheiden sich derzeit die
Geister. Während ein Großteil der Wissenschaftler vor den katastrophalen Klimafolgen des menschlichen Wirkens warnt und daher "Klimaschutz" in beschwörender, ja geradezu
alarmistischer Weise als das wichtigste Ziel globalen, politischen Handelns einfordert, betrachten andere, nicht minder namhafte Forscher den möglichen Einfluss des
Menschen aufs Weltklima im Vergleich zu so elementaren, kosmischen Kräften wie etwa Schwankungen der Sonneneinstrahlung oder der Erdumlaufbahn als allenfalls marginal.
Erst die Zukunft wird zeigen, welches der beiden längst in einen erbitterten Wissenschaftsstreit - aber auch in einen Streit um finanzielle Zuwendungen von Forschungsgeldern
- verfallenen Lager der Wirklichkeit näher kommt. Wirklich gesichertes WISSEN kann nämlich keines der beiden Lager für sich ins Feld führen, Computermodellrechnungen
mit etlichen Unbekannten versuchen sich an diesem so unüberschaubaren Job. Gleichwohl entbindet diese weitgehende Unkenntnis keine der beiden Seiten von dem Gebot
eines sorgsamen, von Verantwortungsbewusstsein getragenen Umgangs mit den begrenzten Ressourcen, die der Lebensraum Erde nicht nur uns Menschen, sondern auch allen
anderen, unseren Planeten besiedelnden Lebensformen bietet. Und zur Bestätigung dieser Minimalerkenntnis bedarf es noch nicht einmal komplexer Computermodelle: Sie
liegt ganz einfach und offensichtlich auf der Hand!
Marburg, am 31.03.2010
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer