Atlantik brachte viel feuchtmilde Luft
2010 war weltweit eines der wärmsten Jahre seit Messbeginn
Bilanz: Feucht mit 117,8% Schnee/Regen - deutlich zu mild Abweichung: +1,92 Grad
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Trotz eisigem, schneereichem Auftakt und frostigem Finale: Der Januar 2011 verlief im Marburger Land überdurchschnittlich mild, ziemlich feucht und über weite Strecken trüb und grau. So lag die monatliche Mitteltemperatur nicht ganz 2 Grad über dem langjährigen Klimamittel. Wärmste Tage waren in Marburg der 8. mit einem Höchstwert von plus 11,5 Grad und im Ebsdorfergrund der 14. mit sogar knapp 12 Grad.
Dagegen wurde am Abend des 5. mit frostigen minus 8 Grad die tiefste Temperatur des Monats gemessen. Auch Ende des Monats wurden noch einmal ähnliche Minuswerte gemessen, ein neues Monatsminus dabei jedoch knapp verfehlt. Beim Niederschlag, der im Januar zumeist als Regen fiel, gab es ein deutliches Plus zu verzeichnen. So lag die Regensumme in der Region um etwa ein Fünftel über dem klimatischen Soll, wobei fast die Hälfte der Monatssumme mit einem markanten Tauwettereinbruch allein am 6. als Dauerregen vom Himmel kam.
Ähnlich wie schon im Dezember blieb die Sonne auch im Januar ein seltener Gast. Trüber Himmel ließ bis zum 27. nur etwa ein Drittel der monatsüblichen Sonnenstunden zu. Erst in den letzten Monatstagen sorgte ein Hoch für so viel Sonne, dass die monatliche Sonnenscheinbilanz quasi auf den letzten Drücker doch noch auf rund Drittel ihres Klimasolls ansteigen konnte. Unterm Strich bleibt aber festzuhalten, dass der Monat entgegen unseren Erwartungen im Dezember dank lang anhaltenden Zustroms atlantischer Meeresluft sehr trüb, überdurchschnittlich feucht und letztlich auch deutlich zu mild ausgefallen ist.
Dagegen war das Jahr 2010 insbesondere wegen des extrem kalten Dezembermonats nicht nur in der Region sondern deutschlandweit das kühlste der letzten 14 Jahre. So lag die Jahresmitteltemperatur mit 8,5 Grad gut 0,4 Grad unter dem langjährigen Durchschnitt von 8,9 Grad. Diese ungewohnt kühle Bilanz mag insbesondere vor dem Hintergrund überraschen, dass das Jahr nach Mitteilung der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) weltweit mit einer positiven Abweichung von rund 0,5 Grad gegenüber dem Mittelwert des 30-Jahreszeitraums von 1961 bis 1990 das wärmste seit Beginn meteorologischer Aufzeichnungen gewesen sei.
Die Interpretation solcher Klimadaten ist freilich nicht unumstritten: So fließen nach gängiger Praxis nicht nur reale Messergebnisse von Wetterstationen, sondern ergänzend auch aus Satellitendaten indirekt ermittelte Werte in die Berechnungen ein. Damit sollen fehlende Messdaten über den Weiten der Ozeane ausgeglichen werden. Kritiker halten dagegen, dass diese Methode ein großes Fehlerrisiko berge, aber auch dass der in der Klimatologie übliche Vergleichszeitraum vom Dezember eines Jahres bis zum November des Folgejahres zu Verzerrungen der Jahresbilanzen führe. So sei das Kalenderjahr 2010, anders als das vorbezeichnete Klimajahr, lediglich das drittwärmste Jahr seit Messbeginn.
Solche Feinheiten mögen zwar dafür entscheidend sein, ob eine Meldung als "Rekord" oder nur als mehr oder weniger bemerkenswerte Abweichung von der Norm wahrgenommen wird, an der grundlegenden Tendenz ändern sie allerdings nichts. Und danach wird unsere Welt gegenwärtig zweifellos immer wärmer und dies in durchaus beängstigendem Tempo. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Jahr 2010 im Gegensatz zum weltweiten Trend in Deutschland nicht wärmer, sondern sogar deutlich kälter war als das genannte Vergleichsmittel. Solche regionalen Besonderheiten verlieren ihre Bedeutung, sobald man den Blick auf die Welt als Ganzes richtet.
Marburg, am 31.01.2011
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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