Nass, wenig Sonne und etwas zu kühl
Sommer mit drei Wettergesichtern endete wechselhaft
Bilanz: Erheblich zu nass mit 176,2% Regen - Etwas zu kühl, Abweichung: -0,60 Grad
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Zum Ende des brühwarmen Juli hatten wir trotz einer da schon begonnenen kühlen Phase nicht ausgeschlossen, der Sommer 2010 könne womöglich noch eine Spitzenstellung unter den Sommern der letzten Jahrzehnte erreichen. Die meteorologische Wirklichkeit strafte uns in Gestalt einer hartnäckig unterkühlten Witterungsperiode Lügen: Westlicher Wind schaufelte vom Atlantik unablässig dicke Wolken mit Regengüssen heran und die kühle Meeresluft mochte nur noch an wenigen Tagen kurzen Episoden mit freundlichem Badewetter weichen. Der Sommertraum aus dem Vormonat war nachhaltig zu Ende gegangen.
Statt dessen fiel mit mehr als 100 Litern Regen je Quadratmeter in Marburg und sogar gut 150 Litern in Biedenkopf beinahe doppelt so viel Regen, wie im Durchschnitt der Jahre. Aber auch im Ebsdorfergrund und im Amöneburger Becken gebärdete sich der letzte der drei Sommermonate ausgesprochen nass und machte die Ernte vieler Feldfrüchte mitunter zu einer Zitterpartie. Andererseits erstrahlte die Natur aufgrund der positiven Wasserbilanz im August in einem so saftigen und satten Grün wie um diese Jahreszeit schon seit Jahren nicht mehr.
Die Zahl der Sonnenstunden ließ dagegen sehr zu wünschen übrig, zu häufig verbarg sich die Sonne hinter dichten Wolkenmassen. So bescherte der August in der Marburger Region nur etwa zwei Drittel des monatlichen Sonnenscheinsolls und der oft wolkenverhangene Himmel ließ auch bei den Temperaturen keine großen Sprünge mehr zu. Immerhin reichte es trotz den beharrlich kühlen Windströmungen unterm Strich noch für einen nur wenig unterdurchschnittlich warmen August.
Bezogen auf den ganzen Sommer kristallisieren sich damit drei Wettergesichter heraus: Im Juni war es zunächst lange Zeit kühl, aber von wenigen Unwettern abgesehen insgesamt trocken. Zum Ende des Monats setzte sich dann ein rund vierwöchiger sonniger und brütend heißer Witterungsabschnitt durch, der in der letzten Julidekade schließlich von wechselhaftem und deutlich kühlerem Wetter mit häufigen Regengüssen abgelöst wurde. Trotzdem bilanzierten die drei Sommermonate Juni bis August in Summe immer noch leicht überdurchschnittlich sonnig, in etwa ausgewogen feucht und sogar immer noch deutlich zu warm.
Ursache für die Beharrlichkeit der trotz ihrer Unterschiedlichkeit jeweils für mehrere Wochen andauernden Witterungsabschnitte waren so genannte "blockierende" Großwetterlagen. Statt im dauernden Wechsel von West nach Ost über Mitteleuropa hinweg zu ziehen, blieben die großen, wetterlenkenden Hoch- und Tiefdruckgebiete in diesem Sommer oft über lange Zeiträume hinweg ortsfest. Dies hatte zur Folge, dass auch die jeweiligen Windströmungen und damit die Wetter- und Witterungstypen lange Zeit unverändert blieben.
So blieb es Anfang Juni mangels südlichem Wind zunächst lange kühl. Dann verhinderten die immer wieder von Südwesteuropa hereinschwappenden Hitzewellen jede längere Abkühlung und als sich zuletzt schließlich die Tiefs über Mitteleuropa zu tummeln begannen, mochten auch sie einfach nicht mehr so schnell weichen, sondern regenerierten sich an Ort und Stelle immer wieder aufs Neue. So kam es zu dem so trüben Sommerausklang mit seinen häufigen Regengüssen.
Bedenkt man, dass genau dieses blockierende Wettermuster andernorts schlimme Wetterkatastrophen wie etwa wochenlange Gluthitze mit verheerenden Wald- und Torfbränden in Russland oder gewaltige Regenfluten mit apokalyptischen Überschwemmungen in Teilen Asiens ausgelöst hat, dürfte sich der Unmut über den im mittleren Hessen so sonnenscheinarmen und feuchten Sommerausklang freilich in Grenzen halten. Bis auf Teile Bayerns und des östlichen Deutschlands, wo die Menschen wiederholt mit Hochwasser zu kämpfen hatten, blieben unserer Region wirkliche Wetterdramen nämlich glücklicherweise erspart.
Marburg, am 31.08.2010
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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