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Die Witterung in Marburg im Oktober 2010
Trotz goldenen Tagen etwas zu kalt
Droht uns "der kälteste Winter seit 1000 Jahren"?

Oktober 2010
Bilanz: Deutlich zu trocken mit 39,7% Regen - Recht kalt, Abweichung: -1,05 Grad
Zur Freude nicht nur von Hobbygärtnern und Landwirten bescherte der zweite Herbstmonat in diesem Jahr eine ganze Reihe "goldener" Tage. Ursache war ein Hoch, das nach einer leicht wechselhaften, aber warmen, ersten Monatsdekade ab dem zweiten Oktoberwochenende mit viel Sonnenschein die Wetterregie übernahm. Zwar wurde es in den klaren Nächten im Marburger Land schon empfindlich kalt mit erstem Reif, doch nachmittags stellten sich stets noch versöhnlich milde 12 bis 15 Grad ein und das gleich eine ganze Woche lang.

So nahm der Oktober bis zur Monatsmitte einen warmen, sonnenscheinreichen und außerdem auch noch sehr trockenen Verlauf. Dann allerdings wendete sich das Blatt: Von Norden her setzten sich wolkenreiche und kalte Luftmassen durch, so dass der bis dahin angehäufte Wärmeüberschuss rasch wieder schrumpfte. Dabei kam es auch wiederholt zu Regengüssen, in den Hochlagen der heimischen Mittelgebirge fielen sogar die ersten Schneeflocken und am Monatsende lag die monatliche Durchschnittstemperatur im Ebsdorfergrund, im Amöneburger Becken und in Marburg rund ein Grad unter dem langjährigen Mittelwert von knapp 9 Grad.

Die tiefste Temperatur wurde am Morgen des 30. mit minus 4 Grad in Marburg und bis zu minus 6 Grad im Umland gemessen, am wärmsten war es mit 21 Grad am Monatsdritten gewesen. Gleichzeitig fielen in der Region an 12 Tagen insgesamt 15 bis 25 Liter Regen je Quadratmeter und damit noch nicht einmal die Hälfte des gesamtmonatlichen Regensolls. Trotz dieser Trockenheit kann der Oktobermonat jedoch nicht als auffällig "golden" charakterisiert werden. Immerhin lag die Zahl der Sonnenscheinstunden geringfügig über dem Monatssoll. Unterm Strich bilanzierte der Oktober somit recht kalt, aber sehr trocken und mit einer gut ausgeglichenen Sonnenscheinbilanz.

Ende September hatten wir spekuliert, ob und ggf. welche Auswirkungen das seit Monaten gestörte Windmuster über dem Nordatlantik für den Witterungsverlauf im kommenden Winter haben könnte. Wir waren zu dem Ergebnis gelangt, dass trotz einigen Indizien für einen erneut recht kalten Winter noch keine konkreten Vorhersagen getroffen werden können und an dieser Einschätzung hat auch der zwar trockene, jedoch recht kalte Oktober nichts geändert. Die Windmuster sind immer noch nicht in ihre "normalen" Bahnen zurückgekehrt, so dass - falls dieser Zustand auch in den kommenden Monaten andauert - unverändert eine eher kalte Witterungsentwicklung wahrscheinlich erscheint.

Was allerdings derzeit an Hiobsbotschaften die Runde durch die Boulevard-Medien macht, entbehrt jeder seriösen Grundlage: Russische Experten, so heißt es, hätten berechnet, dass Europa "der kälteste Winter seit 1000 Jahren" bevorstehe. Begründet wird die abenteuerliche Warnung vor extremer Kälte mit einer angeblichen Schwächung des Golfstroms infolge der zur Bekämpfung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ausgebrachten Chemikalien. Russische Behörden nähmen die Warnungen angeblich ernst und richteten vorsorglich bereits Wärmestuben für Obdachlose ein. - Soweit die Journaille.

Abgesehen davon, dass der Golfstrom wie schon im Vorjahr tatsächlich etwas schwächer fließt, als gewohnt, gibt es keinen Anlass zu Sorge: Denn selbst wenn der kommende Winter seinem kalten Vorgänger nacheifern sollte, steht weder Europa noch Russland eine Eiszeit bevor. Die angeführten Belege halten einer seriösen, wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand und dürfen getrost als Fantasieprodukt russischer Boulevardblätter betrachtet werden, die infolge der Globalisierung offenbar nun auch Eingang in den schillernden Kosmos der hiesigen Sensationsmedien gefunden haben.

Marburg, am 31.10.2010

Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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