Erst warm, dann kalt und viel zu trocken
Frühlingswärme folgt Spätwinterkälte mit Weißen Ostern
Bilanz: Ungewöhnlich trocken mit nur 43 % Regen - durchschnittlich kühl / Abweichung: -0,2 Grad
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Ungünstiger konnte die Witterungsentwicklung im heurigen April kaum ausfallen: Erst war es sonnig und schon fast frühsommerlich warm, dazu aber knochentrocken. Dann stürzten die Temperaturen ins Bodenlose: Kaltes Schauerwetter gipfelte in einem Weißen Osterfest mit heftigen Frösten in den Nächten danach. Unterm Strich glichen sich Wärme und Kälte letztlich weitgehend aus. Die Sonne zeigte sich durchschnittlich oft, aber das Niederschlagsdefizit blieb sehr hoch, sodass die Pflanzenentwicklung große Mühe hatte, mit den viel zu spärlichen Wasserreserven in den Böden halbwegs zurecht zu kommen.
Nachdem die Temperaturen im ersten Monatsdrittel noch mehr als zwei Grad über dem Durchschnitt der Jahre gelegen hatten, gingen sie von der Monatsmitte an ebenso weit unter das langjährige Mittel zurück, sodass der April letztlich sogar noch geringfügig unter dem Klimasoll bilanzierte. Wärmster Tag war der 9. mit 22 Grad entlang von Lahn und Ohm, kältester Morgen der 20. mit lausigen minus 3 Grad in der Stadt und sogar um minus 5 Grad im kälteanfälligen Umland. Für alle wärmeliebenden Gewächse war das entschieden zu kalt und bedeutete für etliche bereits geöffnete Blüten das Aus. Angebahnt hatte sich das Drama schon am Morgen des Ostermontag, der in der Region mit einer zentimeterhohen Schneedecke aufwartete. So viel Schnee Mitte April ist schon recht ungewöhnlich.
Auch bundesweit blieb diese Kaltwetterphase nicht ohne Folgen. Vor allem im Süden hatte die dort teils extreme Kälte verheerende Auswirkungen für die Landwirtschaft. In einigen Regionen wurden bei rekordverdächtigen Temperaturen nahe minus 10 Grad mehr als 80 Prozent aller Obstblüten und Weinreben geschädigt. Dort hatten die Landwirte keine Chance, die Schäden mittels Abbrennen von Frostkerzen, durch Strohfeuer oder gar den Einsatz von Hubschraubern in Grenzen zu halten.
Allerdings sind auch nicht alle dieser Maßnahmen zur Vermeidung von Frostschäden tauglich. So kann der beim Verbrennen feuchten Strohs entstehende Rauch die Luft nicht nennenswert erwärmen. Auch der Einsatz von Hubschraubern, deren Rotoren wärmere Luft aus etwa 20 Meter Höhe mit der eisigen Luft am Boden verwirbeln sollen, bietet nur wenig Erfolg, ist jedoch unverhältnismäßig teuer. Frostkerzen vermögen die Luft immerhin um zwei bis drei Grad aufzuheizen, was bei nur leichtem Frost schon genügen kann, um größere Schäden abzuwenden. Am sichersten ist aber die Frostschutzberegnung: Sie setzt beim Gefrieren von Sprühwasser genug Kristallisationswärme frei, um die Blüten und Triebe vor Unterkühlung zu schützen. Der dünne Eispanzer, der sich dabei um die Gewächse legt, hält die Temperatur konstant bei 0 Grad, was die Bildung von zerstörerischem Eis in den empfindlichen Zellen gerade noch verhindert.
Trotz der kalten Nordmeerluft hielt sich die Niederschlagsbilanz im Aprilmonat in beschaulichen Grenzen. So kamen in der Marburger Region nur rund 20 Liter pro Quadratmeter Regen vom Himmel und damit noch nicht mal die Hälfte der monatsüblichen Durchschnittsmenge. Vor dem Hintergrund der schon in den Vormonaten aufgelaufenen Niederschlagsdefizite ist dies eine sehr ungünstige Ausgangslage für den nun folgenden Frühsommer.
Wegen der zumeist freundlichen Witterung Anfang des Monats zeigte sich die Sonnenscheinbilanz allerdings nahezu ausgewogen. Am sonnigsten war es bundesweit übrigens im Südwesten des Landes. Dort wurde von der Mosel bis zum Bodensee das monatliche Sonnenscheinsoll um rund ein Drittel überschritten, während in den östlichen Mittelgebirgen nur etwa drei Viertel der monatsüblichen Sonnenstunden zu verzeichnen waren.
Marburg, am 30.04.2017
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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