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Die Witterung in Marburg im Juni 2012
Kühl, feucht und wenig Sonne
Bringt der Siebenschläfer die Wende zu sonnigem Hochsommer?

Juni 2012
Bilanz: Recht feucht mit 125,4 % Regen - kühl / Abweichung: -0,41 Grad
Nach dem warmen und auch recht sonnigen Frühling enttäuschte der Frühsommermonat Juni mit einer Vielzahl an feuchten, trüben und vor allem auch kühlen Tagen. So lag die monatliche Mitteltemperatur in Marburg mit 15,9 Grad rund ein halbes Grad unter dem vieljährigen Durchschnitt. Dabei wurden nur vier so genannte Sommertage beobachtet (Sommertage sind Tage, an denen die Höchsttemperatur mindestens 25 Grad beträgt) und zwar am 18. sowie zum Monatsende wo das Quecksilber am 29. in Marburg mit 27,7 Grad auch die höchste Temperatur des ganzen Monats erreichte. Im vorangegangenen Mai hatte es dagegen neun und selbst im April immerhin schon zwei derartige Tage gegeben. Kältester Morgen war der 5. mit 6,5 Grad im Stadtgebiet und vielfach nur 5 Grad im Umland.

Grund für den so kühlen Sommerauftakt war eine beharrliche westliche Windströmung, mit der immer wieder atlantische Wetterfronten nach Mitteleuropa gelenkt wurden. Sie brachten überreichlich Wolken und Regengüsse im Überfluss mit, so dass die Regensumme mit 82 Liter pro Quadratmeter rund 25 Prozent über dem klimatischen Durchschnitt lag. Ein Drittel davon war an einem einzigen Tag gefallen, als am 20. binnen wenigen Stunden allein 27 Liter Regen vom Himmel kamen. Da die Niederschläge aber teils auch in Form von Schauern oder Gewittern fielen, variierte ihre Summe im Marburger Umland regional teils erheblich.

Auch wenn es die Vielzahl an Regentagen sowie der Mangel an längeren trockenwarmen Abschnitten den Landwirten kaum ermöglichte Heu einzufahren, war der Frühsommerregen insgesamt dennoch ein Segen für die Landwirtschaft: Die Böden wurden zumeist gut durchfeuchtet und den Kulturen blieb Hitzestress durch übermäßige Verdunstung erspart. Dagegen wurde das feuchte Wetter und der Mangel an Sonnenschein bei Gartenfrüchten teils zum Problem: So verlief die Abreife der Erdbeeren überaus schleppend und zahllose Früchte wurden Opfer von Schimmel, Schneckenfraß oder Fäulnis.

Die Zahl der Sonnenscheinstunden erreichte nur etwa zwei Drittel des klimatischen Mittels, so dass der Monat über weite Strecken von einem trüben und wolkenverhangenen Witterungseindruck geprägt wurde. Bisweilen fühlte man sich sogar an feuchtgraue Novembertage erinnert. An diesem Gesamteindruck vermochte auch der schwülwarme Monatsausklang kaum noch etwas zu ändern, denn zusammen mit der aus Spanien heran gekommenen Sommerluft breiteten sich auch schon wieder neue Wolken mit gewittrigem Regen aus.

Ob der inzwischen begonnene so genannte "Siebenschläfer"-Zeitraum, eine immerhin in zwei von drei Jahren eintreffende Witterungsregel, endlich die Umstellung zu beständigerem Sommerwetter bringen wird, bleibt indessen noch abzuwarten. Diese Regel besagt, dass sich die Großwetterlage im ersten Julidrittel auf ein neues Strömungsmuster umstellt, das sodann die Hochsommerwitterung dominiert. War es zuvor häufig trocken und warm, stellt sich in den Folgewochen eher wechselhafte und kühle Witterung ein. War es im Frühsommer dagegen vorwiegend feucht und kühl, markiert der Zeitraum der Siebenschläferregel häufig die Wende zu freundlicherem und wärmerem Hochsommerwetter.

Diese Erkenntnis der modernen Meteorologie unterscheidet sich freilich von dem alten Volksglauben, wonach die weitere Witterungsentwicklung allein vom Wetter eines einzigen Tages, nämlich dem Siebenschläfertag am 27. Juni abhänge. Derartige Fehldeutungen findet man im Übrigen keineswegs etwa nur bezüglich der Siebenschläferregel, sondern auch noch bei einer Vielzahl weiterer, altüberlieferter Wetterregeln, denen allen gemein ist, dass sie uns vorgauckeln, es sei möglich aus dem Wetterverlauf ganz bestimmter Tage Folgerungen über die zukünftige Wetterentwicklung zu ziehen. Dem ist - definitiv - nicht so.

Marburg, am 30.06.2012

Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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