Mäßig feucht, kaum Sonne und viel zu kalt
Erste beiden Monatsdekaden sogar kühler als der Aprilmonat
Bilanz: Etwas zu trocken mit 86,9% Regen -
Deutlich zu kalt, Abweichung: -1,95 Grad
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Von "Wonnemonat" keine Spur! - Mit diesen einfachen Worten lässt sich der Witterungscharakter des heurigen Maimonats wohl am trefflichsten beschreiben. Denn vergeblich wartete man auf liebliche Tage mit Sonnenschein und frühlingsgerechten Temperaturen. Stattdessen wälzten sich immer wieder graue Wolkenmassen über den Himmel und brachten nicht nur häufig Regen, sondern auch kalte Luft vom Nordmeer mit. So blieb es mit 9,41 Grad in Marburg im Mittel der beiden ersten Monatsdekaden sogar kälter als im Gesamtmonat April, der es immerhin noch auf eine Durchschnittstemperatur von 9,45 Grad gebracht hatte.
Gemessen an den langjährigen Durchschnittstemperaturen war es somit bis zum 20. Mai um mehr als 3 Grad zu kalt. Am kältesten war es am Morgen des 5. mit nur 1,3 Grad und leichtem Bodenfrost. Immerhin blieb es zur Monatsmitte, unter der Regentschaft der Eisheiligen, trotz sehr kühlen Tagestemperaturen frostfrei. Erst im letzten Monatsdrittel bereitete warmes Frühsommerwetter dem Frieren ein Ende: Strahlender Sonnenschein bescherte am 24., dem Pfingstmontag, die monatliche Höchsttemperatur von 26 Grad. So verringerte sich das Wärmedefizit bis zum Monatsende immerhin auf nur noch etwa 2 Grad.
Hätte sich das letzte Monatsdrittel nicht so versöhnlich gezeigt, der Monat hätte auch beim Sonnenschein mit deutlich weniger als 100 Stunden nicht einmal die Hälfte seiner Sollstunden erreicht. Letztendlich reichte es dann aber doch immerhin noch für rund zwei Drittel des Klimasolls. Trotzdem blieb die Zahl der Sonnenscheinstunden im Mai in der Summe sogar noch leicht hinter derjenigen des diesjährigen Märzmonats zurück. So sonnenscheinarm wie im Jahre 2010 war der "Wonnemonat" schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Nur bei den Regensummen kam der Mai den klimatischen Durchschnittswerten recht nahe: Mit 56 Liter pro Quadratmeter in Marburg und rund 60 Liter im Umland erreichte die Regenbilanz verbreitet 80 bis 90 Prozent des Klimasolls und lag damit nur wenig unter den langjährigen Durchschnittswerten. Der Mai war demnach unterm Strich etwas zu trocken, deutlich zu kalt und ungewöhnlich trüb. Dennoch trügt der vor allem von dem trüben und kalten Mai herrührende Anschein, der Frühling sei in diesem Jahr weitgehend ausgefallen. Bei Betrachtung aller drei Frühlingsmonate wird dieses Bild schnell relativiert:
Zwar startete der erste Frühlingsmonat, der März, noch sehr unterkühlt, doch endete er letztlich mit einem leichten Wärmeüberschuss und einem deutlichen Plus beim Sonnenschein. Auch der April verlief warm und sehr sonnig, so dass trotz des so kalten und trüben Maimonats unterm Strich sowohl beim Sonnenschein, als auch bei den Temperaturen eine insgesamt ausgewogene Frühlingsbilanz zu verzeichnen ist. Sie lag im Dreimonatsmittel vollauf im Normalbereich. Nur bei der Niederschlagssumme bilanziert der Frühling 2010 mit nur rund zwei Dritteln des Regensolls deutlich zu trocken.
Interessant bei der Betrachtung des diesjährigen Frühlingsverlaufs ist das Muster der vorherrschenden Großwetterlage. Sie war - wie schon in den Hochwintermonaten immer wieder geprägt durch starke Hochdruckgebiete im Raum Island und zeitweise auch über Russland. Für Mitteleuropa war diese Konstellation immer wieder mit nördlichen Windströmungen verbunden, so dass bis auf wenige Tage statt warmer Südwestluft immer wieder aufs Neue Kaltluft aus den Polargebieten heran wehen konnte.
Im nordöstlichen Skandinavien und in Nordrussland hatte diese ungewöhnlich beharrliche Andauer der winterlichen Strömungsmuster dagegen den gegenteiligen Effekt: Verliefen dort die beiden ersten Frühlingsmonate noch merklich zu kalt, kippte der Spätwinter dort Anfang Mai innerhalb weniger Tage direkt in den Frühsommer um. So stiegen die Temperaturen bei östlichem Wind zur Monatsmitte selbst am Polarkreis abrupt auf Werte bis 27 Grad und in Teilen Finnlands und Nordrusslands wurde bei strahlendem Sonnenschein sogar die 30-Grad-Marke erreicht.
Gleichzeitig fiel in Teilen Spaniens, aber auch im westlichen Mitteleuropa bis in mittlere Höhelagen herab wieder Schnee und in den Nächten sank das Quecksilber direkt am Erdboden wiederholt bis in den Frostbereich. An einer ganzen Reihe von Tagen blieben die Höchsttemperaturen dort - ähnlich wie bei uns - sogar noch unter der 10-Grad-Marke hängen. So bleibt nur zu hoffen, dass der erste Sommermonat, der Juni, nun endlich die Frühsommerwärme bescheren wird, die wir so lange entbehren mussten.
Marburg, am 31.05.2010
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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