Noch deutlich mehr Sommer als Herbst
Nach einem halben Jahr Dauersommer endlich mal wieder Regen?
Bilanz: Trocken mit 72 % Regen - Temperatur leicht über dem Mittel Abweichung: +0,3 Grad
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Mit einer Durchschnittstemperatur von gut 14 Grad ist auch der September im Marburger Land wärmer ausgefallen, als im langjährigen Mittel. Zugleich war der Monat überdurchschnittlich sonnig und blieb wie schon die Vormonate die meiste Zeit staubtrocken. Erst zum kalendarischen Herbstanfang am 23. September beendete Sturmtief FABIENNE den nicht mehr enden wollenden Dauersommer abrupt: Der erste heftige Landregen nach fünfeinhalb Monaten setzte dem Dürresommer 2018 zusammen mit einem Schwall feuchtkühler Atlantikluft endlich ein Ende.
Kältester Morgen war in der Stadt der 30. mit minus 0,2 Grad und sogar nur 3 Grad unmittelbar über dem Erdboden. In den typischen Kältelöchern des Umlandes dürfte an diesem Morgen örtlich Bodenfrost bis minus 5 Grad aufgetreten sein. Am 18., wurde dagegen der wärmste Tag des Monats registriert: Mit einer Höchsttemperatur von knapp über 30 Grad wurde in Marburg sogar noch mal ein sogenannter "heißer Tag" verzeichnet. Damit stieg die Zahl der heißen Tage dieses Jahres auf stolze 21. Die Zahl der Sommertage, also Tage mit mindestens 25 Grad, wurde in Marburg im September um neun auf insgesamt 87 erhöht. Hessenweit wurden sogar 110 solcher Tage und damit deutlich mehr als im Jahr des "Jahrhundertsommers" 2003 registriert, das es nur auf 103 Sommertage gebracht hatte.
Fatalerweise setzte sich allerdings auch die seit Monaten anhaltende extreme Dürre weiter fort. Bis zum 22. wurden in Marburg nur fünf Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Das entspricht kaum zehn Prozent des langjährigen Durchschnittsregens im September. Zusammen mit dem beträchtlichen Minus der vorangegangenen Monate spitzte sich die extreme Dürresituation damit weiter zu. Erst am 23. setzte ergiebiger Dauerregen mit knapp 30 Liter pro Quadratmeter der Dürre ein abruptes Ende. Dennoch gilt: Nach neun von zwölf Monaten waren erst knapp zwei Drittel des Jahresniederschlags gefallen und es ist eher unwahrscheinlich, dass die fehlenden rund 220 Liter pro Quadratmeter in den verbleibenden drei Monaten noch zusammenkommen. Vielmehr dürften die Dürreschäden des Ausnahmesommers 2018 selbst bei einer längeren, feuchten Witterungsphase noch für lange Zeit nachwirken.
Und ob nun endlich auch eine grundlegende Umstellung der seit Ende März festgefahrenen Großwetterlage stattfinden wird, bleibt erst noch abzuwarten. Sollte sich die außergewöhnliche Tendenz zu blockierenden Hochdruckwetterlagen im Oktober erneut regenerieren und womöglich sogar auch noch im Winter fortsetzen, könnte sich die jetzt schon extreme Trockenheit zu einer echten Dürre-Katastrophe auswachsen. Angesichts leerer Talsperren geriete dann selbst die Trinkwasserversorgung in Gefahr.
Gewinner des vergangenen Ausnahmesommers waren neben allen Sonnenfans vor allem die Winzer in den deutschen Weinbaugebieten. Da Weinreben tief genug wurzeln um auch in Trockensommern hinreichend Wasser zu finden, konnten die Reben das warme Klima optimal nutzen, sodass der 2018-er Jahrgang zumindest bei einigen Rebsorten wahrscheinlich einen Jahrhundertwein hervorbringen wird. Der überdurchschnittliche Sonnenschein kam vor allem Rebsorten zugute, aus denen Rotwein gewonnen wird. Der verspricht süß und schwer zu werden, wie sonst nur südländische Weine. Für die klassischen deutschen Rebsorten ist der hohe Zuckergehalt der Beeren dagegen eher suboptimal. Um dennoch trockene Weine erzeugen zu können, musste die Weinlese früher beginnen als sonst.
Bleibt abzuwarten, wohin die Wetterreise im Oktober geht. Zwar sind freundliche und milde Tage durchaus noch ein Weilchen möglich, doch wegen der rapide abnehmenden Tageslänge dürften Höchstwerte über der 20-Grad-Marke selten werden. In klaren Nächten kühlt die Luft dagegen nun immer mehr aus, sodass im Lauf des Monats duchaus öfter mal Bodenfröste, vielleicht auch schon Luftfröste immer wahrscheinlicher werden. Der Winter rückt langsam näher.
Marburg, am 30.09.2018
Herzlichst, Ihr Jürgen Vollmer
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